25. Bad Zurzacher Drehorgel-Treffen vom 30./31. August 2013
Früher in Lumpen – heute mit Frack, Melone und Zylinder
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Die Besucher fühlten sich wie auf einer Zeitreise in die Vergangenheit. Die «Örgelimänner» trugen Melone, Zylinder, Frack oder Gehrock; die Frauen waren hübsch in Trachten oder Biedermeierkostüme gewandet.
Beim Stöbern in den Auslagen des gleichzeitig zum Drehorgeltreffen stattfindenden Floh- und Antiquitätenmarktes hörte man von überall her Musikfetzen. Melodien wie «Puppchen, Du bist mein Augenstern» (1912) oder «Amazing Grace» (1831) perlten durch den Bad Zurzacher Flecken.
Spielen statt betteln
Von weit her kamen die Musikmacher teilweise angereist wie das Ehepaar Becker aus Karlsruhe und Martin Sauer aus dem bayerischen Landshut. Auch Lorenzo und Elsbeth sind leidenschaftliche Drehorgelspieler und besuchen so viele der landesweit stattfindenden Treffen wie möglich. An Weihnachtsmärkten sammelt das Ehepaar Geld für Spendehilfswerke.
Damit lehnen sie an eine ursprüngliche Tradition an: Nach dem Ersten Weltkrieg bekamen Kriegsversehrte vom Staat zu günstigen Konditionen eine Drehorgel, damit sie mit Spielen ihren spärlichen Lebensunterhalt verdienen konnten, statt einfach nur zu betteln. Meist standen die Leierkasten-Männer in Lumpen auf der Strasse und nicht in so schicken Outfits wie heutzutage.
Das Drehorgelspiel ist mittlerweile zum reinen Hobby geworden und die Kleinode – viele mit wertvollen Intarsien, geschnitzten Figuren und Malereien verziert – kosten zwischen 4000 und 20 000 Franken.
Bis zu 100-jährig sind die Instrumente alt, und meist müssen Liebhaber lange auf Occasionsmärkten suchen, bis sie ihr Wunschobjekt finden.
Cecile Mohn bekam zum 60. Geburtstag eine Lochband- und zum 70. eine Walzenorgel geschenkt. Es sei gar nicht so einfach am Hebel zu drehen, ohne ins Stocken zu geraten, erklärte sie. Der 80-jährige Martin Zumbach aus Baar ist einer der letzten Handwerker in der Schweiz, der Stiftwalzen noch selber herstellt und Drehorgeln repariert. «Ich habe schon Walzen bis nach Dänemark und auf die Lofoten-Inseln verschickt», erzählte er. «Aber die junge Generation, die sich noch für dieses Genre interessiert, ist dünn gesät.»
Zu neuer Blüte
Georg und Theres Dietschi organisieren (als Nachfolger von Erica und Ruedi Schupp) zusammen mit dem Tourismusbüro Bad Zurzach seit fünf Jahren das Drehorgeltreffen. Die Zwei: «Uns ist es wichtig, dass diese Tradition weitergepflegt wird und zu neuer Blüte gelangt.»
Gute Laune machte das Fest allemal. «Es ist eine Freude all die fröhlichen Gesichter zu sehen, die mit der Sonne den ganzen Tag um die Wette strahlten», meinte Gemeindeammann Reto S. Fuchs bei der abendlichen Ehrung der Spielerinnen und Spieler.
Die Besucher fühlten sich wie auf einer Zeitreise in die Vergangenheit. Die «Örgelimänner» trugen Melone, Zylinder, Frack oder Gehrock; die Frauen waren hübsch in Trachten oder Biedermeierkostüme gewandet.
Beim Stöbern in den Auslagen des gleichzeitig zum Drehorgeltreffen stattfindenden Floh- und Antiquitätenmarktes hörte man von überall her Musikfetzen. Melodien wie «Puppchen, Du bist mein Augenstern» (1912) oder «Amazing Grace» (1831) perlten durch den Bad Zurzacher Flecken.
(az Aargauer Zeitung)
Zeitungsberichte zum Herunterladen:
"Die Botschaft" - Vielseitiges Drehorgelkonzert zum Silberjubiläum
"Die Botschaft" - Wenn in den Gassen der "Örgli"-Sound schwingt
"Die Botschaft" - Ein Vierteljahrhundert Drehorgelklang
"Die Botschaft" - Grössstes Drehorgeltreffen....
Dank und Anerkennung (Auszug aus meiner Rede vom 31.8.2013 in Zurzach)
25 Drehorgeltreffen durchzuführen ist schon ein grosses Ding. Eine Leistung, welche hohe Anerkennung und viel Dankbarkeit verdient.
Um einen solchen Anlass zu organisieren braucht es viel Idealismus und Engagement – aber natürlich auch Geld. Ohne geht es einfach nicht. Ich weiss aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, Geld für ein Treffen zu finden.
Darum ist es mir ein grosses Bedürfnis (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) der Gemeinde Bad Zurzach, der Bad Zurzach Tourismus AG, dem Gewerbe, allen Sponsoren, Donatoren und Gönnern für Ihre Unterstützung und das Wohlwollen ganz herzlich zu danken. Ohne Sie alle würde es dieses Drehorgel-Treffen nicht geben, und das wäre wirklich schade. Denn Zurzach gehört zu den wichtigsten Treffen in der Schweiz und geniesst unter Drehorgelfreunden einen ausgezeichneten Ruf.
Theres und Georg Dietschi sind mit viel Freude und Herzblut dabei. Ihnen gebührt ein besonderer Dank. Sie verleihen diesem Treffen eine ganz persönliche Note. Mit viel Charme und Humor kümmern sie sich um die Anliegen der Teilnehmenden, organisieren das Kirchenkonzert, haben immer ein freundliches Wort – kurz: Man fühlt sich einfach wohl. Das ist nicht selbstverständlich. Vielen herzlichen Dank. Danke auch eurem Vorgänger Ruedi Schupp, der sich ebefalls für uns Drehorgelspielerinnen und – Spieler eingesetzt hat.
Durch Treffen wie dieses wird es erst möglich, ein uraltes Kulturgut weiterleben zu lassen: nämlich das Musizieren auf der Strasse vor Publikum. Zur Blütezeit der Drehorgel gab es noch keine Schallplatten, keine CDs, kein Radio und Fernsehen. Es gab also nicht viele Möglichkeiten, Musik zu speichern und unter die Leute zu bringen. Drehorgeln waren die CD-Player des 19. Jahrhunderts. Schön, dass wir Drehörgeler unsere wunderbaren Instrumente mit dem Charme von damals den Menschen von heute wieder näherbringen dürfen. Merci!
Drehorgel Schweiz
Peter X. Bürgisser